Sonstiges

Computergestützte Gesundheitsberatung und Gesundheitsmonitoring für Unternehmen – Können individuelle Gesundheitspotenziale von Arbeitnehmern kostengünstig gestärkt werden? Computerized Health Consulting for Employees and Health Monitoring for Companies – Can individual health competencies of employees be enforced at low costs?

Krämer A.1 , Prüfer-Krämer L.2

Zusammenfassung

Das Gesundheitsmanagement eines Unternehmens sollte bei Vorliegen von Risikofaktoren bei seinen Beschäftigten aktiv präventive Maßnahmen ergreifen, um der Entwicklung von Krankheiten oder deren Verschlimmerung vorzubeugen. In Anbetracht der demographischen Entwicklung der deutschen Arbeitnehmerschaft können gesundheitswissenschaftliche Interventionen wesentlich dazu beitragen, die Gesundheit und damit die Innovationskraft der Arbeitnehmer möglichst lange zu erhalten. In der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld wurde ein valider und reliabler elektronischer Fragebogen zur systematischen und anonymen Erfassung der Gesundheit und der Gesundheitspotenziale von Arbeitnehmern entwickelt. Dies ermöglicht

1. die frühzeitige kostengünstige Intervention auf der individuellen Ebene: Dem Benutzer wird am Ende der Befragung ein individuelles Gesundheitsprofil erstellt und, darauf aufbauend, eine elektronische Gesundheitsberatung angeboten. Diese zielt auf eine Stärkung der individuellen Gesundheitsressourcen und auf eine Verhaltensprävention bei Vorliegen von Risikofaktoren für wichtige Volkskrankheiten.

2. die systematische Erfassung des Gesundheitszustandes von Belegschaften i. S. einer epidemiologischen Gesundheitsanalyse und bei wiederholter Anwendung ein Gesundheitsmonitoring für den ganzen Betrieb und/oder dessen Teilbereiche.

3. gezielte strukturelle Interventionen: Aus der Gesundheitsanalyse werden auf die speziellen Bedürfnisse des Betriebes zugeschnittene strukturelle Interventionen entwickelt, die vorhandene Gesundheitsangebote im Betrieb und der Region integrieren.

Epidemiologische Vergleiche zwischen Populationen in Betrieben mit der Allgemeinbevölkerung (Referenz: Bundesgesundheitssurvey) bzgl. Risikofaktorenverteilung, Krankheitslast und Gesundheitsressourcen sowie die Evaluation der individuellen und strukturellen Interventionen sind möglich.

Schlüsselwörter: interaktive computergestützte Gesundheitsberatung – Prävention – Gesundheitsprofil – betriebliche Gesundheitsanalyse – Gesundheitsmonitoring

Summary

Due to demographic factors and changing patterns of morbidity the prevalence of chronic diseases and their risk factors is constantly increasing in employees. Interventions at the workplace can improve the health status of the workforce and thus stablilize and increase the productivity of a company. The department of Public Health Medicine at the University of Bielefeld, Germany, developed a valid and reliable computer based instrument to monitor the health status and the health competencies of employees. The key elements of this questionnaire are mental health, cardiovascular risk factors and diseases, nutrition, physical activity, risk factors for cancer and health competencies of employees. This serves as a data base for:

1. individual interventions: after completing the questionnaire the user obtains his personal health profile and computerized personal health advice. This focuses on the improvement of health resources and behavioral changes for users who show risk factors for or already have major chronic diseases.

2. health analysis and health monitoring in order to characterize the health needs of the work force of a company or of its subpopulations.

3. tailored structural interventions for the company: The analysis of the health status of employees facilitates the development of interventions at the structural level that meet the needs of the employees.

The data-base allows the epidemiological comparison between companies and subpopulations within the company as well as with the general population (German Health Survey) in terms of risk factor distribution, disease burden, health resources and the evaluation of interventions on the individual and structural level.

Key words: interactive computerized health advice – prevention – health profile – health analysis – health monitoring

Einleitung
Die Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Gesundheit der in Deutschland lebenden Bevölkerung zeichnen sich u. a. durch eine Abnahme der Mortalität bei einer gleichzeitigen Zunahme der Morbidität aus. Über die quantitativen Verschiebungen im Mortalitäts-Morbiditäts-Verhältnis hinaus lassen sich zudem qualitative Veränderungen des Morbiditätsspektrums identifizieren, die durch einen Rückgang von Infektionskrankheiten und eine Ausbreitung von chronischen Erkrankungen im Bereich Herz-Kreislauf, Stoffwechsel, Bewegungsapparat, Krebs und vor allem psychischer Krankheiten charakterisiert sind1,2. Die wesentlichen zugrunde liegenden Ursachen sind neben der Demographie Veränderungen des Lebensstils, der Arbeitsbedingungen und der verbesserten Behandlungsmöglichkeiten chronischer Krankheiten. Aus den skizzierten Befunden resultiert für die in Deutschland lebende Bevölkerung, dass sich zwar einerseits ihr Risiko deutlich reduziert hat, unmittelbar an einer Erkrankung zu versterben, sich jedoch andererseits das Risiko wesentlich erhöht hat, gesundheitliche Beeinträchtigungen durch eine chronische Erkrankung zu erfahren. Das gewandelte Risikomuster für chronische Krankheiten bewirkt eine grundlegende Verrückung der Rahmenbedingungen, aus denen heraus die künftige Strukturierung des Versorgungssystems erfolgt. Walter bewertet die Bedeutung, die der Prävention in Deutschland – 3 Jahrzehnte nach Einführung erster präventiver Teilprogramme und trotz der derzeitigen aktuellen politischen Diskussion – in der deutschen Gesundheitsversorgung zukommt, als weiterhin marginal. Hinzu kommt, dass die präventiven Maßnahmen oft nur unsystematisch durchgeführt werden. Als Ursachen hierfür werden u. a. eine ungenügende Vernetzung der Akteure sowie eine fehlende Vergütung für präventive Leistungen genannt3.

Inzwischen liegt hinreichende Evidenz zur Wirksamkeit der präventiven Interventionen vor, die in Kombination von bevölkerungsbezogenen und individuellen Strategien zur Anwendung kommen sollen3. Für die ärztliche und gesundheitswissenschaftliche Praxis bedeutet dies nicht nur eine systematische Berücksichtigung von präventiven Angeboten in der Routineversorgung, sondern auch die kontinuierliche Begleitung und Unterstützung des Individuums unter Einbeziehung weiterer Professionen und Akteure vor Ort. Zielgruppen- und problemorientierte Anleitungen zur zeitlich begrenzten, aber regelmäßigen Beratung für den Arzt (auch Betriebsärzten) müssen ebenso entwickelt werden wie Begleitmaterialien für die zu versorgenden Personen4,5,6.

Die vorauszusehende demographische Alterung der Belegschaften in Betrieben erfordert, ihre Gesundheit durch primäre Prävention bei gesunden Arbeitnehmern und durch sekundäre Prävention bei chronisch erkrankten Arbeitnehmern zu erhalten, um die Arbeits- und Innovationsfähigkeit des Unternehmens zu stärken. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz in Betrieben hat in dieser Hinsicht in den letzten Jahren und Jahrzehnten große Fortschritte gemacht. Außer den Aspekten des traditionellen Arbeitsschutzes im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe zielen moderne Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung z. B. auf einen gesunden Bildschirmarbeitsplatz und auf das Stressmanagement von Mitarbeitern7,8,9. Durch strukturelle Maßnahmen, z. B. Gesundheitszirkel und Gesundheitsangebote im Betrieb haben viele Unternehmen in Zusammenarbeit mit Betriebskrankenkassen in partizipatorischer Weise bereits gesundheitsfördernde Programme eingerichtet, die sich wechselnd auf bestimmte Problembereiche wie z. B. Rauchen, Rückenschmerzen und Stress beziehen10,11. Ebenso können in Gesundheitszirkeln besonders vulnerable Bereiche in Betrieben identifiziert werden.

Der Gesundheitszustand des einzelnen Mitarbeiters oder der ganzen Belegschaft eines Betriebes wird in der Regel weder erfasst noch wird dieser in der Regel in das Gesundheitsmanagement auf der individuellen oder allgemeinen Ebene mit einbezogen.

Bisher liegen nur wenige valide epidemiologische Daten über den allgemeinen Gesundheitszustand von betrieblichen Populationen, insbesondere von KMUs vor. Ebenso fehlt in vielen Fällen die systematische Erhebung von Daten über Gesundheitsdeterminanten, Risikofaktoren, Gesundheitsressourcen und Gesundheitskompetenzen von Mitarbeitern in Betrieben. Eine Gesundheitssurveillance und ein Gesundheitsmonitoring in Betrieben ist daher bisher nicht möglich. Die Beurteilung der Gesundheit betrieblicher Populationen basiert in der Regel auf Fehlzeitenstatistiken über Daten der Krankenkassen und Betrachtung besonderer Krankheitsentitäten durch spezielle Belastungen am Arbeitsplatz im Sinne des Arbeitsschutzes2,12,8. Aus diesem Grunde sind breit angelegte evidenzbasierte Interventionen bisher nicht möglich.

Das Gesundheitsmanagement eines Betriebes wird sich neben strukturellen Anpassungen der Arbeitsplatzgestaltung an demographische Veränderungen zunehmend der individuellen Gesundheit seiner Mitarbeiter selbst widmen müssen, da das medizinische Versorgungssystem dem Bereich der primären und sekundären Prävention nur teilweise gerecht bzw. hierfür zu wenig genutzt wird.

Das in dieser Arbeit vorgestellte Instrument dient dazu, den Gesundheitszustand des Individuums und von ganzen Belegschaften in Betrieben systematisch mit Hilfe elektronischer Medien kostengünstig zu erfassen. Die erhobenen Daten können sowohl für eine interaktive computergestütze Intervention als auch als Grundlage für strukturelle gesundheitsfördende Maßnahmen und ein Gesundheitsmonitoring des Betriebes genutzt werden.

Instrument
Von der Arbeitsgruppe Public Health Medicine der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld und der IIT-GmbH wurde ein bei Studierenden verwendeter Gesundheitsfragebogen in Anlehnung an den Bundesgesundheitssurvey weiterentwickelt13,14,15. Es handelt sich um einen computergestützen Fragebogen zur umfassenden Erhebung der individuellen Gesundheit für 25- bis 65-jährige Arbeitnehmer. Die Kernbereiche dieses Fragebogens sind die psychische Gesundheit, kardiovaskuläre Risikofaktoren und Erkrankungen, soziale Unterstützung, körperliche Bewegung, Beschwerden und Erkrankungen des Bewegungsapparates, Body Mass Index (BMI), Ernährung sowie Risikofaktoren für Krebserkrankungen (siehe Abbildung 1).

Der Fragebogen enthält standardisierte Instrumente für die einzelnen Gesundheitsbereiche, deren Validität und Reliabilität in internationalen Studien getestet wurde, wie z. B. WHO-5 Wellbeing 16, Messinstrument für körperliche Aktivität 17, LAST (Alkoholismus-Screening) 18, Score für soziale Unterstützung.

Eigene Erfahrungen der Arbeitsgruppe liegen hinsichtlich der Entwicklung des Studierenden-Fragebogens vor, welcher in großen Querschnitts- und Kohortenstudien bei der Population von Universitätsstudierenden national und international eingesetzt wurde13,14.

Es wurde ein neutrales und klares Design gewählt. Jeder Gesundheitsbereich wird mit einer Startseite eingeleitet und ist durch eine farblich unterschiedene Überschriftfarbe gekennzeichnet. Zum Ausfüllen des computergestützten Fragebogens werden 20–25 Minuten benötigt.

Individuelles Gesundheitsprofil
Nach Ausfüllen des elektronischen Fragebogens wird ein individuelles Gesundheitsprofil für den Nutzer erstellt, das sowohl die Gesundheitspotenziale als auch die negativen Gesundheitsbereiche aufzeigt. Dieses wird in Form eines Gesundheitshauses visualisiert (siehe Abb. 2). Durch farbliche Abstufung der Teilbereiche wird signalisiert, ob es sich um einen eher positiven oder eher negativen Gesundheitsbereich des Nutzers handelt. Durch Anklicken des jeweiligen Bereiches, können detaillierte Informationen zu dem betreffenden Gesundheitsthema abgerufen werden. Das individuelle Gesundheitsprofil wird ergänzt durch sogenannte „risk charts“ für einige Gesundheitsbereiche wie beispielsweise für das kardiovaskuläre Risiko.

Individualisierte ganzheitliche Gesundheitsberatung
Auf der Grundlage des individuellen Gesundheitsprofils erfolgt eine wissenschaftlich fundierte und evidenzbasierte computergestützte Beratung, die sowohl auf die Gesundheitskompetenzen als auch auf die negativen Gesundheitsverhaltensweisen des Individuums eingeht. Aufgrund von Ergebnissen aus epidemiologischen Kohortenstudien19 lässt sich in einem definierten Zeitraum ein kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden, vorhersagen20,21,22,23. Darüber hinaus kann angegeben werden, um welches Maß dieses Risiko bei Vermeiden oder Reduktion der Risikofaktoren gesenkt werden kann. Ausgehend von und in Erweiterung dieses quantitativen Prinzips verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz, der außer diesen Risiken auch andere relevante Risiken mit einschließt und die salutogenetische Ebene von Gesundheitskompetenzen berücksichtigt. Es wurden hierbei moderne Konzepte der Gesundheitsberatung verfolgt24,25,26. Das Stadium der Verhaltensänderung (stages of change) 27 wird bei den wesentlichen Gesundheitsverhaltsweisen (Rauchen, Alkoholkonsum, Ernährung etc.) mit einbezogen.

Diese Beratung gibt Empfehlungen für zukünftige Lebensstilanpassungen und verweist ggf. auf das bestehende spezielle Beratungs-/Therapieangebot im Betrieb und der Region.

Hierfür wurde ein Spektrum von Beratungsmodulen bzw. Textbausteinen entwickelt aus denen, entsprechend der individuellen Eingaben, computergesteuert eine Auswahl erfolgt. In der folgenden Abbildung ist der Ablauf und ein solches Schema für die Auswahl von Textbausteinen für das Beispiel „Rauchen“ abgebildet (Abb. 3a–d). Durch Vernetzung verschiedener Gesundheitsbereiche z. B. von Ernährungsverhalten mit Bewegungsverhalten und Body Mass Index (BMI) wurden Beratungsmodule entwickelt, die die ganzheitliche Beratung des Individuums ermöglichen (kombinierte Beratung, siehe Abbildung 4).

Angelehnt an die oben erwähnten epidemiologischen Kenntnisse wird dem Nutzer sein Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis durch Markierung seiner Position in einer sogenannten „risk chart“ visualisiert. Diese Information wird gekoppelt mit praktischen Hinweisen, durch welche Maßnahmen ein vorhandenes Risiko spürbar gesenkt werden kann.

Erste Erfahrungen mit dem Konzept der interaktiven Gesundheitsberatung wurden von der Arbeitsgruppe bei der Entwicklung des interaktiven Gesundheitsberatungsprogramm „campus-fit.de“ gewonnen, welches auf den Gesundheitsdaten von Studierenden aufbaut und als Zielgruppe junge Erwachsene im Studium hat28.

Eine persönliche Beratung kann im Anschluss an die computergestützte Beratung im Bedarfsfall von Betriebs- oder Arbeitsmedizinern, Hausärzten sowie von Gesundheitskommunikatoren angeboten werden, um die computergestützte Beratung sinnvoll zu vertiefen und zu ergänzen (Abb. 5).

Gesundheitsanalyse für den Betrieb

Die anonymisierte Datenbank eröffnet die Möglichkeit der Erfassung des Gesundheitszustandes ganzer Belegschaften oder von Teilbelegschaften im Sinne einer betrieblichen Gesundheitsanalyse. Hierdurch können gesundheitliche Defizite der betrieblichen Population frühzeitig identifiziert werden, um daraus Maßnahmen für die betriebliche Gesundheitsförderung abzuleiten.

Abbildung 6 stellt das Gesamtkonzept mit den verschiedenen Kompartimenten des Gesundheitsfragebogens, der Datenbank, der individuellen Ebene und der betrieblichen Ebene dar.

Anwendungsbereiche und Möglichkeiten zur breiten Nutzung
Geeignet ist die Anwendung für kleine, mittlere und große Betriebe. Die computergestützte Beratung kann im Rahmen von arbeits- und betriebsärztlichen Routineuntersuchungen oder unabhängig von ärztlicher Versorgung am Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden. Durch die modulare Konzeption ist der Fragbogen flexibel gestaltet und erweiterbar. Die Vernetzung mit den vorhandenen strukturellen Gesundheitsangeboten des Unternehmens und der Region ist vorgesehen (Abb. 7).

Die Vorzüge des vorgestellten Projektes sind:

1. Es handelt sich um ein neues Gesundheitserhebungs- und Beratungskonzept mit ganzheitlichem Ansatz.

2. Das verwendete Instrument ist durch die modulare Struktur veränderbar und erweiterbar. Es kann an die Fragestellungen des jeweiligen Settings angepasst werden.

3. Daraus ergibt sich die Möglichkeit des Setting-spezifischen Einsatzes

4. Der Fragebogen ist niederschwellig. Er kann auch unabhängig von einer arbeitsmedizinischen Einrichtung eingesetzt werden.

5. Der/die Nutzer/in erhält ein unmittelbares Feedback mit einem direktem Effekt auf der individuellen Ebene.

6. Das Instrument wahrt die Anonymität des/der Nutzers/in.

7. Es ermöglicht das Monitoring der Gesundheit von Belegschaften eines Betriebes.

8. Daraus ergibt sich die Nutzung für das Gesundheitsmanagement eines Betriebes.

9. Das Gesamtkonzept lässt sich in bestehende Gesundheitsförderungs- und Versorgungssysteme eines Betriebes und der geographischen Region mit Nutzung vorhandener Ressourcen integrieren.

Diese Vorzüge ermöglichen eine breite Anwendung auch in kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs), da diese häufig nicht über eigene arbeitsmedizinische Ressourcen verfügen. Mit diesem Gesundheitsberatungskonzept können sie eine kostengünstige Gesundheitsförderung im Betrieb implementieren. Die modulare Struktur des Erhebungs- und Beratungsinstrumentes bietet die Adaptation an nahezu beliebige Settings und die Erweiterungsmöglichkeit für betriebsspezifische Fragestellungen. Die Ergebnisse sind insofern betriebswirtschaftlich relevant, als gesunde Belegschaften zu einer größeren Leistungsfähigkeit von Unternehmen beitragen.

Forschungs- und gesundheitswissenschaftliche Bedeutung
Das Innovationspotenzial dieses Projektes besteht in einer systematischen Erhebung des Gesundheitszustandes von Arbeitnehmern mit einer individuellen Intervention im präventiven Bereich, die im Routinealltag der betriebsärztlichen Versorgung oder auch außerhalb derer eingesetzt werden kann. Es wird hierbei der mögliche Vorteil des elektronischen Mediums und sein Einsatz in der individualisierten Beratung genutzt. Damit leistet das Projekt einen Beitrag zur Methodik der individualisierten Prävention. Im Gegensatz zu bisherigen im Internet zur Verfügung stehenden interaktiven Gesundheitsberatungsprogrammen, die sich isolierten Problemen wie beispielsweise Diabetes, Osteoporose, Krebsrisiko oder dem Impfstatus widmen29,30,31, erfolgt hier eine holistische Erfassung des Gesundheitszustandes. Die individuellen Interventionen sind so konzipiert, dass alle sechs bis acht Gesundheitsbereiche in einer dem jeweiligen Individuum entsprechenden gesamtheitlichen Beratung zusammenfließen. Die weitere gesundheitswissenschaftliche Bedeutung ergibt sich aus der Möglichkeit der epidemiologischen Gesundheitsanalyse von ganzen betrieblichen Populationen oder deren Subpopulationen und des Gesundheitsmonitorings für den Betrieb. Zeigt sich nach wiederholter Anwendung ein positiver Effekt der Interventionen, würde dies das Potenzial der betriebsärztlichen Versorgung hinsichtlich präventiver Maßnahmen für Volkskrankheiten demonstrieren. Damit könnte das Defizit der Nutzung von Präventionsleistungen im medizinischen Versorgungssystem auf der Ebene der betrieblichen Gesundheitsförderung für Arbeitnehmer stärker ausgeglichen werden, da es in Routineabläufe mit eingebunden wird.

Des Weiteren können in epidemiologischen Untersuchungen betriebliche Populationen mit der Allgemeinbevölkerung bzgl. der wichtigsten Gesundheitsdeterminanten anhand der Daten des Bundesgesundheitssurveys verglichen werden und hiermit in Ergänzung zu Krankenkassendaten die gesundheitliche Lage von Arbeitnehmern vollständiger abbilden.

Praktischer Hinweis
Die Entwicklung des Instrumentes erfolgte in der Arbeitsgruppe „Public Health Medicine“ der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld. Sie wurde im Wesentlichen durch Eigenmittel finanziert. Das Instrument kann Betrieben nach Adaptation an das jeweilige Setting zur Verfügung gestellt werden. Dies ist kostenpflichtig. Interessenten möchten sich bitte an Prof. Dr. med. A. Krämer, Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld, Tel. 0521/106-6889, E-Mail: alexander.kraemer@uni-bielefeld.dewenden.

Literatur

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Prof. Dr. med. Alexander Krämer

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